Living Prototypes 2022

Ausstellung über digitale Fertigungsverfahren und Prototypen für ressourcenschonende Lebensräume, Berlin, 2022

Fotos von Tzu-Ying Chen, Ilaria Giacomini, and Erik-Jan Ouwerkerk

Living Prototypes

Living Prototypes war ein ANCB-Forschungsprojekt über digital hergestellte Prototypen für Wohnräume unter Verwendung biobasierter Materialien, die über 18 Monate von drei Teams aus Hochschul- und Industriepartnern aus Dänemark, Deutschland, Italien und Spanien entwickelt wurden. Das Projekt wurde durch das Programm Zukunft Bau des BBSR finanziert und gipfelte in einer Ausstellung im Aedes Architecture Forum 2022-23.

Die Ergebnisse des Projekts Living Prototypes werden vom 9. Dezember 2022 bis zum 25. Januar 2023 im Aedes Architekturforum in Berlin ausgestellt und in einem Symposium am Tag der Eröffnung sowie in dieser Publikation diskutiert. In der Ausstellung werden die drei einzelnen Prototypen in einer Installation im Maßstab 1:1 in einem typischen Grundriss einer Berliner Wohnung zusammengeführt. Zu den kontextuellen und unterstützenden Informationen gehören Visionen darüber, wie Biomaterialien und digitale Fertigungsmethoden einen Wandel in der Art und Weise, wie wir in Zukunft bauen und leben, fördern könnten, sowie Überlegungen zur Gestaltung mit biobasierten Materialien und Beispiele für weitere Prototyping-Untersuchungen der einzelnen Forschungsteams.

Der Schwerpunkt der ITKE-FibR-Forschung liegt auf der Erforschung der Morphologie leichter Naturfaserstrukturen mit Hilfe der Technik des kernlosen Wickelns von Fäden. Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Bauindustrie zu einer der materialintensivsten und umweltschädlichsten Tätigkeiten des Menschen entwickelt. Mit Naturfasern verstärkte, robotergefertigte Verbundstrukturen bieten eine praktikable, ressourceneffiziente Alternative zu herkömmlichen Baumethoden und stellen daher einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit in der Architektur dar. Faserverbundwerkstoffe zeichnen sich durch ein hervorragendes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht aus und bieten damit eine hervorragende Grundlage für die Entwicklung innovativer, materialeffizienter Leichtbaustrukturen. Neuartige Co-Design-Prozesse, die gleichzeitig geometrische, materielle, strukturelle, produktionstechnische, ökologische und ästhetische Anforderungen berücksichtigen, sowie fortschrittliche robotergestützte Fertigungstechniken, die auf natürliche Materialien angewandt werden, sind in der Lage, eine einzigartige Architektur zu schaffen, die gleichzeitig ökologisch und ausdrucksstark ist.

Durch die Integration des Konzepts der weit verbreiteten leichten Hängesysteme konnte die hybride Struktur die Kräfte durch das Fasersystem hauptsächlich auf Zug leiten, was die globale strukturelle Effizienz erhöht und somit den Materialverbrauch und die Bearbeitungsstunden reduziert. Die Konstruktionsstrategie des Gesamtsystems ermöglichte die Verwendung von Dreischichtplatten aus dem Handel, die nur selten als Haupttragelement eingesetzt werden. Auf der Detailebene wurde im Rahmen des Projekts eine neue Wickelzapfengeometrie entworfen und getestet, um verschiedene Wickelwinkel außerhalb der Ebene aufnehmen zu können. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Gesamtstruktur dazu neigt, an den Verbindungsstellen zu versagen, wo das Faserbündel am Rand der Stifte geknickt wird, wenn die Richtungen der ein- und ausgehenden Fasern weniger rechtwinklig zur Stiftachse sind. Die Ergebnisse des Projekts haben gezeigt, dass bei der neuen Stiftkonstruktion weniger Fasern geknickt werden. Weitere strukturelle Tests sind erforderlich, um die Leistungsverbesserung zu verifizieren. Was die Herstellung betrifft, so diente die vormontierte Holzstruktur auch als Wickelgerüst, so dass keine zusätzlichen Stahlrahmen gebaut werden mussten. Dies erhöht die geometrische Flexibilität der Struktur und ermöglicht die Variation von Elementgrößen, -tiefen und -verankerungspositionen innerhalb eines einzigen Fertigungsaufbaus. 

Durch die Zusammenführung von Forschungsergebnissen auf der Material-, Schnittstellen- und Struktursystemebene mit Überlegungen zur Herstellung zielte das Projekt nicht nur auf die Gestaltung eines Prototyps für die Ausstellung, sondern auch auf die Entwicklung eines Arbeitsablaufs vom Entwurf bis zur Herstellung. Das Bauwerk demonstriert die Möglichkeit eines variablen, punktgestützten, mehrseitig gespannten Deckensystems. Durch die Integration des Systems in vertikal stützende Erdwände und Zelluloseplatten wurden Entwurfsiterationen im Rahmen des Arbeitsablaufs getestet, um den Benutzerraum, die strukturelle Effizienz und die Herstellbarkeit zu optimieren. Durch die Erweiterung des Verständnisses von maßgeschneiderten Aspekten in dieser laufenden Forschung sehen wir das Potenzial, den Designraum und den strukturellen Ausdruck über bestehende Texturen und Typologien hinaus weiter zu erforschen.

Projektteam

ITKE Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart

Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers
Tzu-Ying Chen, Nikolas Früh, Marta Gil Pérez

Studentische Mitarbeit: Andre Aymonod, Ioannis Moutevelis

FibR GmbH, Kernen

Moritz Dörstelmann, Ilaria Giacomini, Christo van der Hoven, Julian Fial

 

In Zusammenarbeit mit:

ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory, Berlin

CITA – Centre for Information Technology and Architecture, Copenhagen

COBOD International A/S, Copenhagen

IAAC – Institute for Advanced Architecture of Catalonia, Barcelona, Spanien

WASP, Massa Lombarda

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